Soziale Arbeit und Bewährungshilfe

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Innerhalb der Sozialen Arbeit versteht sich die Bewährungshilfe – eine Form der ambulanten Straffälligenhilfe – als zielgerichtetes, methodisches Handeln für ein zukünftig straffreies Leben von Straffälligen (auch Probanden) innerhalb bestehender sozialer Normen. Bei erfolgreichem Abschluss der festgelegten Bewährungszeit, die oft einem „Warnschuss“ gleicht und zwischen zwei und fünf Jahren dauern kann, wird die zur Bewährung ausgesetzte Strafe erlassen.

Die Bewährungshilfe schließt dabei die Betreuung und Unterstützung von Verurteilten, aber auch die Beaufsichtigung deren Lebensführung sowie der gerichtlich vorgegebenen Auflagen und Weisungen ein.

Bewährungshelfer sind das Bindeglied zwischen dem zuständigen Gericht und dem jeweiligen Probanden. Während bei Jugendverfahren immer ein Bewährungshelfer bestellt werden muss, entscheidet das Gericht bei Erwachsenenverfahren eher bedarfsabhängig.

Bewährungshelfer werden bei richterlichen Entscheidungen in der Unterstellungszeit (u. a. bei neuen Gerichtsverhandlungen) hinzugezogen, können schriftlich oder mündlich Stellung nehmen und leisten damit insbesondere in Jugendverfahren eine wichtige Entscheidungshilfe. Auch bei Anhörungen wegen Auflagenverstoßes werden die Bewährungshelfer gehört.

In der Entlassungsvorbereitung arbeiten Bewährungshelfer mit den Sozialdiensten von Justizvollzugsanstalten insbesondere dann zusammen, wenn Häftlinge die vorzeitige Entlassung beantragen und die sozialen Verhältnisse oder Kontaktpersonen geprüft werden sollen. Zudem werden Bewährungshelfer intensiv in die Entlassungsvorbereitung einbezogen, wenn Kontakte z. B. zu Therapeuten bereits vor der Entlassung geknüpft werden sollen, um Behandlungslücken auszuschließen.

Die Gesetzesgrundlagen der Strafaussetzung zur Bewährung sind in § 56 Strafgesetzbuch (StGB) und § 21 Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt. In § 56 StGB und § 21 JGG erteilt der Gesetzgeber dem Bewährungshelfer verbunden mit einer Überwachungsfunktion einen Hilfsauftrag. Zudem regelt der § 68 ff  StGB, wie lange die Führungsaufsicht dauert und bei wem sie angeordnet wird.  Die Aufgaben der Bewährungshilfe beschreibt der § 68 a StGB.

Aufgaben und Ziele der Bewährungshilfe

Bewährungshelfer betreuen Jugendliche, Heranwachsende und Erwachsene, deren Strafe durch Gerichtsentscheid ausgesetzt oder die mit einem Strafrest aus der Haft entlassen werden, mit Bewährungs- oder Führungsaufsicht. Dabei spielen die persönliche Vorgeschichte, Tatmotive und -hintergründe der Straffälligen eine ebenso zentrale Rolle wie die Beziehungsarbeit zwischen Bewährungshelfer und Verurteiltem.

Allerdings agieren Bewährungshelfer nicht als „Wachhund“, die die Probanden auf Schritt und Tritt kontrollieren, sondern unterstützen nach einem vereinbarten Zeitplan emotional durch Anteilnahme und Fürsorge, bei der Arbeitsplatz- bzw. Wohnungssuche, lebenspraktischen Fragen (z. B. Kommunikation mit Ämtern und Behörden, Begleitung bei therapeutischen Behandlungen, Beratung bei Suchtproblemen oder Schulden) und im Umgang mit Geld- und Sachleistungen, leisten aber auch sozialpädagogische Interventionen bei psychosozialen Problemlagen oder akuten Krisen.

Ziel der Bewährungshilfe ist es letztendlich, durch Stärkung der Selbstverantwortung und sozialer Kompetenzen der Probanden zur Sicherung des Lebensunterhalts beizutragen, sie zur Selbsthilfe zu befähigen, die Selbstreflexion zu fördern sowie Erziehungs- und Beziehungsschwierigkeiten zu lösen und damit zur Resozialisierung, einer realistischen Lebensplanung und die Wiedereingliederung in die Gesellschaft beizutragen.

Einsatzfelder in der Bewährungshilfe

In der Bewährungshilfe spielen unter Berücksichtigung der jeweiligen Gegebenheiten und Anforderungen die klassische soziale Einzelfallhilfe (Einzelgespräch), Empowerment, der systemische Ansatz, Case Management und in Einzelfällen die soziale Gruppenarbeit eine zentrale Rolle.

Neben vertrauensvollen Beziehung zwischen Klienten und Sozialarbeitern, die situationsangepasste Entscheidungen ermöglicht, sind Kooperationen und transparente Netzwerke mit anderen Fachdiensten, Suchtberatungsstellen, Jugend- und Sozialämtern, Arbeitsagenturen, Gläubigern, Schuldnerberatungsstellen oder Verbänden, Vereinen, Vermietern und Familienangehörigen notwendig und hilfreich. Dabei erleichtern Netzwerke nicht nur den fachlichen Austausch, sondern unterstützen als soziales Netz die Probanden bei problematischen Situationen beim Übergang von der Haft zu einem Leben in Freiheit.

Arbeitsabläufe in der Bewährungshilfe unterliegen fachlichen Qualitätsstandards mit verbindlichen qualitativen Anforderungen. Während der Eingangsphase erfolgt neben der  Problem- und Ressourceneinschätzung, der Beobachtung der Lebensführung der Probanden sowie der Bedarfsklärung die Entscheidung zum weiteren Vorgehen innerhalb des Hilfeprozesses. Diese beinhaltet etwa Unterstützungsleistungen (z. B. Motivationsarbeit, Krisenintervention, sozialpädagogische Hilfen). Im Hilfeprozess selbst steuern die Bewährungshelfer die Erarbeitung, Festlegung und Umsetzung von gesellschaftlich anerkannten Zielen der Probanden, befördern die Erkennung von Gefährdungsmomenten und minimieren damit das Rückfallrisiko, greifen aber auch, wenn ggf. notwendig, situationsabhängig ein. In der Abschlussphase, die rechtzeitig vor Ende der Bewährungszeit ein professionelles Übergangsmanagement erfordert, erfolgt eine Bilanzierung des Bewährungsverfahrens verbunden mit der Entwicklung von individuellen Zukunftsperspektiven.

Probanden in der Bewährungshilfe gelten als soziale Randgruppe, der die Gesellschaft meist mit Vorurteilen, Misstrauen oder Angst gegenüber steht. Da diese Faktoren eine nachhaltige Resozialisierung erschweren, ist eine zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit erforderlich, die zur Aufklärung und intensiven Auseinandersetzung mit Straffälligkeit führt.

Anforderungsprofil an Sozialarbeiter in der Bewährungshilfe

Wenn Sozialarbeiter im Bereich der Bewährungshilfe tätig sind, zählen eine vorurteilsfreie Herangehensweise, Geradlinigkeit, mentale Stärke und soziale Kompetenzen, aber auch Lebenserfahrung, Menschenkenntnis, Zuverlässigkeit, Kontaktfreudigkeit, Empathie und eine professionelle Distanz zu den Grundvoraussetzungen

Bewährungshelfer sind meist als „Einzelkämpfer“ unterwegs und flankierend auf ein funktionierendes Umfeld für den fachgerechten Informationsaustausch, kollegiale Fallbesprechungen, Selbstreflexion / Supervision, Interventionsplanung und Netzwerkarbeit, aber auch für die individuelle Psychohygiene angewiesen. Damit kann es gelingen, berufliche Belastungen nachhaltig zu minimieren und einen klaren Blick auf das jeweilige Arbeitsfeld zu gewährleisten.

Die Zusammenarbeit von Bewährungshelfer und Probanden ist gesetzlich vorgeschrieben oder vom Gericht bestimmt, so dass für notwendige Hilfeprozesse die Schaffung einer Vertrauensbasis zu den grundlegenden Voraussetzungen zählt. Bewährungshelfer nehmen also sowohl die Rolle des Helfer als auch als Kontrolleur der Lebensführung der Klienten ein, nehmen ein doppeltes Mandat wahr. Das Doppel-Mandat ermöglicht Bewährungshelfern außerhalb der Justiz die Berufung auf die Schweigepflicht, wohingegen z. B. gegenüber dem aufsichtsführenden Gericht kein Schweigerecht besteht. Diese Konstellation kann allerdings dazu führen, dass entweder Probanden aus Angst wichtige Informationen verschweigen oder Sozialarbeiter in Gewissenskonflikte geraten. 

Um den steigenden Herausforderungen in der Bewährungshilfe gerecht werden zu können, sind regelmäßige Weiterbildungen zu spezifischen Themen hilfreich wie etwa

  • Fortschreibungen der Qualitäts- und Dokumentationsstandards in der Bewährungshilfe,
  • Rückfallvermeidung,
  • Notfallpläne,
  • Grundlagen der Schuldnerberatung,
  • Gruppen- und Projektarbeit,
  • Selbstreflexion oder
  • Konfliktmanagement mit unfreiwilligen Klienten.

Nichtsdestotrotz müssen auch Bewährungshelfer akzeptieren, dass nicht alle Probanden vor der Haft „gerettet“ oder Rückfälle gänzlich verhindert werden können.

Berufliche Perspektiven in de Bewährungshilfe

Bewährungshelfer sind in der Regel als Beamte des gehobenen Dienstes (z. B. Sozialinspektor, Sozialoberamtsrat) oder Angestellte bei den Landgerichten beschäftigt und unterstehen der Dienstaufsicht des jeweiligen Präsidenten. Die Fachaufsicht obliegt dem für die Bewährungszeit des Probanden jeweils zuständigen Richter.

Soziale Arbeit in der Bewährungshilfe studieren

Interessenten, die ihre berufliche Perspektive in der Bewährungshilfe sehen, benötigen entweder einen Abschluss als Diplom-Sozialpädagoge bzw. Diplom-Sozialarbeiter oder als Bachelor of Arts (B.A.) Soziale Arbeit. Zudem ist es hilfreich, seinen Studienschwerpunkt in Richtung Resozialisierung zu setzen (z. B. FH Münster Vertiefungsschwerpunkt Soziale Arbeit in prekären Lebenslagen, Resozialisierung und Inklusion).

Gut zu wissen

In der Bewährungshilfe können sich auch Ehrenamtliche als Bewährungshelfer oder Mitarbeiter in der SP_logo16_GutzuwissenBewährungshilfe sozial betätigen. Während ehrenamtliche Bewährungshelfer direkt von den Gerichten bestellt werden und selbstständig für die Betreuung und Überwachung eines Probanden zuständig sind, unterstützen ehrenamtliche Mitarbeiter in der Bewährungshilfe hauptamtliche Fachkräfte in bestimmten Fällen oder bei konkreten Problemen.

 

 


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