Netzwerke(l)n in der Sozialen Arbeit
Auch wenn Fachkräfte im Sozialwesen noch so qualifiziert, engagiert und professionell arbeiten – ohne ihr Team, Kooperationen mit anderen Institutionen und Einrichtungen oder Beratungsstellen ist auf Dauer eine erfolgversprechende Soziale Arbeit kaum oder gar nicht möglich. Sozialpädagogen bedienen sich sozialer Netzwerke – ein inzwischen (fast) inflationär verwendeter Begriff. Allerdings meinen wir hier nicht soziale Netzwerke aus dem Bereich Social Media, sondern die sozialen Interaktionen von beteiligten Partnern, die ein gemeinsames Ziel wie ein Spinnennetz verbindet.
Soziale Netzwerke in der Familie bis zur Sozialen Arbeit
Kaum sind wir geboren, sind wir schon Bestandteil eines sozialen Netzwerkes – als Mitglied unserer Familie. Wenn wir in die Schule gehen, eine Berufsausbildung oder Bachelor Studium beginnen, ins Berufsleben einsteigen und uns in Vereinen ehrenamtlich engagieren, vergrößert sich (automatisch) unser Bekanntenkreis und damit unser soziales Netz.
Netzwerke, insbesondere private, haben nicht zwingend ein bestimmtes Ziel. Dennoch überlegen wir genau, wen wir ansprechen können, um private Belange möglichst ohne viel Aufwand zu erledigen. Auch „Vitamin B“ oder „Connection“ zählen zu den Mitteln in sozialen Netzwerken, wenngleich in solchen Fällen Fairness oder Legalität hin und wieder auf der Strecke bleiben.
In der Sozialen Arbeit kommen soziale Netzwerke immer dann zum Tragen, wenn bei der Bearbeitung und Lösung komplexer sozialräumlicher Probleme, der Unterstützung betreuungs- oder hilfebedürftiger Menschen sowie bei der Entwicklung von Handlungsstrategien und Hilfeplänen Experten aus verschiedenen (sozialen) Bereichen (z. B. Jugendamt, Polizei, Suchtberatung) für das Erreichen eines gemeinsamen Ziels miteinander kooperieren. Aus dieser vernetzten Zusammenarbeit (z. B. im Netzwerk Flüchtlinge oder Gewalt) – der Bündelung von Fachwissen und -kräften, den differenzierten (streitbaren) Sichtweisen, lösungsorientierter Meinungsbildung und der Übertragung von Zuständigkeiten – ergeben sich meist neben einem breiten Konsens ebenso abgestimmte Vorgehensweisen, effiziente Lösungs- und Handlungsvorstellungen, Zielplanungen und tragen somit parallel zum Qualitätsmanagement bei.
Was „können“ soziale Netzwerke?
Soziale Netzwerke ermöglichen Sozialarbeitern und sozialen Zielgruppen insbesondere bei Belastungs- und Krisensituationen eine breite praktische, emotionale und kognitive Unterstützung durch verschiedene regionale und überregionale Partner.
Praktisches Beispiel ist etwa das Case Management, das die Zersplitterung sozialer Dienstleistungsangebote durch beraterische, begleitende und betreuende Leistungen von Unterstützungsnetzwerken – mehrere Fachkräfte arbeiten eng mit dem Klienten zusammen – ersetzt.
Soziale Netzwerke mit Ausnahme der Familie sind kein Selbstläufer. Sie werden entsprechend der jeweiligen Situation und sozialen Notwendigkeiten aus den in Frage kommenden Netzwerkpartnern wie etwa der Familie, Freunden, Arbeitskollegen, professionellen Helfern bzw. Fachkräften und anderen Einflussfaktoren (z. B. Freizeit) gebildet.
Auch wenn soziale Beziehungen oft von Sympathien und Gefühlen geprägt sind, steht bei sozialen Netzwerken meist der Dienstleistungsgedanke sowie eine planvolle und intensive Zusammenarbeit verschiedenster Akteure im Vordergrund. In Abhängigkeit von den Zielen und der personellen Zusammensetzung ist es möglich, engmaschig entweder die Sozialarbeiter in ihrer Arbeit zu unterstützen, Handlungsweisen kritisch zu reflektieren und Strategien zu entwickeln oder die Klientel bei Krisensituationen zielgerichtet zu betreuen.
Welche Prozesse können also Sozialarbeiter allein bewerkstelligen, wo stoßen sie an ihre Grenzen und wann können sie mit Hilfe von Netzwerken weitere Ressourcen erschließen oder Synergien nutzen?
Sozialarbeiter und Netzwerke
Über die Hälfte ihrer Arbeitszeit arbeiten Sozialpädagogen direkt „am Mann“: mit Kindern und Jugendlichen, Familien, Senioren, Suchtkranken, Menschen mit Behinderungen, pflegebedürftigen und alten Menschen, Straftätern oder Rehabilitanten, aber auch in der Schulsozialarbeit und der Erwachsenenbildung. Im persönlichen Dialog ist der Sozialarbeiter in der Lage, mit seiner individuellen Professionalität (z. B. fachliche und soziale Kompetenzen) eine Reihe sozialer Fragen zu bearbeiten und zu klären.
Ist jedoch bei der Zusammenarbeit z. B. mit gefährdeten Kindern, schwierigen Jugendlichen oder Suchtkranken ein tiefgründigeres bzw. spezielles Wissen gefragt, sind spezielle Hilfeangebote zu organisieren, Unterstützungen zu vermitteln, Kriseninterventionen notwendig und Dienstleistungen zu koordinieren, dann empfiehlt es sich, weitere (fachlich kompetentere) Partner hinzuzuziehen.
Netzwerkarbeit entlastet Sozialpädagogen und Sozialarbeiter nicht nur bei ihrer Arbeit, sondern verleiht Handlungssicherheit, „verteilt“ die Verantwortung auf mehrere Schultern, ermöglicht den beteiligten Partnern tiefe Einblicke in soziale Problemfelder und schafft ein förderliches Maß an persönlicher Vertrautheit, bietet aber auch Chancen für eine kritische Selbstreflexion und ggf. die Korrektur der eigenen Sichtweisen.
Ist soziale Netzwerkarbeit studierbar?
Die Duale Hochschule Villingen-Schwenningen hat einen 3-jährigen Bachelor Studiengang Netzwerk- und Sozialraumarbeit (B.A.) im Programm, der Studierende u. a. zu sozialraumorientierter Sozialer Arbeit, Netzwerkberatung sowie Vermittlung und Koordinierung von Hilfsangeboten im Sozialraum und der Ausgestaltung von Organisationsnetzwerken befähigt.
Die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen bietet einen 4-semestrigen Master-Studiengang Netzwerkmanagement in der Sozialen Arbeit (M.A.) an, der insbesondere Bachelorabsolventen aus den Studiengängen Soziale Arbeit oder Heilpädagogik dazu befähigt, Netzwerke zu beraten und zu leiten sowie Aufbau, Pflege und Evaluierung voranzutreiben.
FAZIT:
Netzwerke in der Sozialen Arbeit ermöglichen ein abgestimmtes und strukturiertes Vorgehen der Kooperationspartner sowie professionelle und effektive, aber dennoch auf die Individualität der Klienten zugeschnittene Hilfeangebote. Sozialpädagogen übernehmen innerhalb dieser Prozesse die Initiative und koordinieren die notwendigen Maßnahmen.
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