Gehalt von Erziehern – gleiches Geld für gleiche Leistung?
In den vergangenen Monaten war der Streik der Erzieher in den Kindertagesstätten allgegenwärtig. Neben Trillerpfeifen, Warnwesten, Präsenz in den Medien und genervten Eltern, die für die Tagesbetreuung ihrer Kinder alternative Lösungen suchen mussten, steht bei allem Verständnis für die Forderungen der Gewerkschaften auch die Frage der Gehaltsgerechtigkeit im Mittelpunkt.
Gilt eigentlich noch das Prinzip „Gleiches Geld für gleiche Leistung!“ oder haben wir uns schon lange davon verabschiedet? Was sind die Folgen, wenn Gewerkschaften mehr Geld für kommunale Erzieher oder Heilerziehungspfleger fordern, soziale Fachkräfte bei anderen Arbeitgebern jedoch leer ausgehen?
Erzieher = Erzieher?
Erzieher können bei öffentlichen (kommunalen) und freien Trägern, aber auch privatwirtschaftlichen Anbietern angestellt sein. All diese Arbeitsverhältnisse haben eins gemeinsam: Im Mittelpunkt des Berufsfeldes steht die frühpädagogische Bildung, Erziehung und Bildung sowie Betreuung von Kindern – die Entwicklung von Motorik, Koordination und Kognition, die Begeisterung für Musik, Theater, Natur und Bewegung, die Entwicklung und Verwirklichung kreativer Ideen, gemeinsames Spielen, Lernen, Toben und ein respektvolles Miteinander, aber auch die Vermittlung eines strukturierten Tagesablaufes sowie von Sozialverhalten, Normen und Werten.
Ein Unterschied ist: Erzieher in kommunalen Kitas profitieren von der Einkommensentwicklung des öffentlichen Dienstes, wohingegen Angestellte bei freien Trägern wie etwa der AWO, dem DRK, der Diakonie, den Kirchen oder Elterninitiativen (zum Teil Non-Profit-Organisationen) meist mit deutlich weniger zufrieden sein müssen. Die GEW spricht von einem Unterschied beim Verdienst von 670 bis 1.000 Euro Brutto, die Vertreter der freien Träger von rund 200 Euro. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, denn auch zwischen Ost und West, Männern und Frauen, der Dauer der Berufsausübung sowie Vollzeit- und Teilzeit-Beschäftigungen bestehen ohnehin beträchtliche Gehaltsdifferenzen.
Eine (deutlich) niedrigere Bezahlung für gleiche Arbeit müsste jeden motivieren, entweder auf schnellstem Weg den Arbeitgeber zu wechseln oder gar einen ganz anderen Berufsweg einzuschlagen. Folge: Insbesondere die Kindertagesstätten in freier Trägerschaft müssten bald die Fachkräfte ausgehen. Aber falsch gedacht!
Marktwirtschaft im Sozialwesen?
Die Finanzierungslast für Kindertagesstätten schultern zu einem hohen Prozentsatz die Bundesländer, denen die Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich obliegt, die Gemeinden und Jugendämter. Ergänzend können Elternbeiträge und Eigenmittel des jeweiligen Trägers zur Deckung der entstehenden Personal-, Sach- und Investitionskosten eingesetzt werden.
Während kommerzielle Träger vom Erhalt öffentlicher Zuschüsse ausgeschlossen sind, haben freie Träger den Vorteil, auch Spenden, Sponsorengelder, Mittel von Fördervereinen oder Mitgliedsbeiträge in die Betriebsführung einbringen zu können. In Verbindung mit den vergleichsweise niedrigeren Personalkosten gelingt es daher oft, dass die Elternbeiträge bei Kindergärten freier Träger niedriger ausfallen als bei öffentlichen Einrichtungen – ein vermeintlicher Wettbewerbsvorteil?
Konkurrenz belebt das Geschäft
Die differenzierte Trägerlandschaft macht es möglich, dass durch verschiedenste Betreuungsmodelle (z. B. unterschiedliche pädagogische Konzepte oder Betreuungszeiten) bedarfsgerechte Betreuungsleistungen erbracht werden können. Die Träger setzen auf ihre eigenen pädagogischen oder inhaltlichen Stärken (z. B. Haus der kleinen Forscher, Techniker etc., gesunde Kita, mehrsprachige oder multikulturelle Kita, Integrativgruppen, kirchliche Werte) und bieten so verschiedene Dienstleistungen oder Öffnungszeiten an.
Freien Trägern wird in diesen Fragen mehr Flexibilität zugeschrieben, weil sie in ihrem jeweiligen Tätigkeitsfeld auf professionelle Unterstützung aus ihrem Dachverband zurückgreifen und von internen Netzwerken profitieren. Zudem sind Träger ohne Tarifbindung in der Lage, eher auf Bedarfe nach verlagerten oder längeren Öffnungszeiten zu reagieren. Öffentliche Kitas hingegen kämpfen mit dem Vorurteil, eher träge, konservativ und weniger experimentierfreudig zu sein, kein geschärftes Profil entwickeln zu können.
Wofür sollen sich Eltern nun entscheiden? Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte.
FAZIT:
Seit dem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung platzen viele Kitas aus allen Nähten und führen Wartelisten. Die Träger stehen unter Investitionsdruck und suchen händeringend Fachkräfte. Wenn jedoch das pure Ergattern eines Kita-Platzes an erster Stelle steht, ist ein fairer Wettbewerb um eine hohe personelle und inhaltliche Betreuungsqualität, flexible und bedarfsgerechte Öffnungszeiten sowie erschwingliche Elternbeiträge kaum möglich.
Und gleiches Geld für gleiche Arbeit? Davon können wir – allerdings nicht nur in der Sozialen Arbeit – weiter nur träumen.
Tags:Erzieher